Deutscher Bundestag beschließt Melderechtsreform mit erheblichen Datenschutzmängeln

Der Deutsche Bundestag hat am 28. Juni 2012 ein neues Melderecht beschlossen, das die im Regierungsentwurf enthaltenen Datenschutzbestimmungen deutlich verschlechtert hat und zum Teil sogar hinter dem bereits geltenden Recht zurückbleibt. Dabei geht es im Wesentlichen um folgende Punkte:

  • Einfache Melderegisterauskünfte für Zwecke der Werbung und des Adresshandels: Die im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene Einwilligungslösung wurde durch eine bloße Widerspruchslösung ersetzt, die zudem durch eine Ausnahme für Daten, die ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden, erheblich aufgeweicht wird.

 

  • Einfache Melderegisterauskünfte zu sonstigen gewerblichen Zwecken: Beschränkung der ursprünglich vorgesehenen Zweckbindungsregelung für sämtliche gewerbliche Zwecke auf Zwecke der Werbung und des Adresshandels.
  • Streichung des Widerspruchsrechts gegen die Erteilung einfacher Melderegisterauskünfte im Wege des automatisierten Abrufs über das Internet.
Bereits gegen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens – Bundestagsdrucksache Nr. 17/7746 – hatte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gegenüber den Fraktionen des Deutschen Bundestages seine datenschutzrechtlichen Bedenken und Forderungen vorgetragen:
– Stärkung der Rechte des Meldepflichtigen bei Melderegisterauskünften, – Abschaffung der Hotelmeldepflicht, – Keine Wiedereinführung der Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers bei der Anmeldung des Mieters.

 

Die Nichtberücksichtigung dieser weitergehenden Forderungen, insbesondere aber die vorgenommenen datenschutzrechtlichen Verschlechterungen, sind inakzeptabel. Bei den Meldedaten handelt es sich um Pflichtangaben, die die Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat machen müssen. Dies verpflichtet zu besonderer Sorgfalt bei der Weitergabe an Dritte. Deswegen wäre bei einfachen Melderegisterauskünften eine deutliche Stärkung der Rechte der Meldepflichtigen erforderlich gewesen, für die sich der Bundesbeauftragte gegenüber dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages nachdrücklich eingesetzt hatte. Jetzt fällt der geänderte Gesetzentwurf sogar hinter die geltende Rechtslage zurück. Dies ist enttäuschend. Damit geht ein Stück Selbstbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger verloren. Der Gesetzentwurf bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates, um Gesetzeskraft zu erlangen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird sich dafür einsetzen, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren doch noch datenschutzgerechte Lösungen gefunden werden.
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