BfDI Pressemitteilung: Antiterrordatei: Bundesverfassungsgericht stärkt erneut Bürgerrechte

Zur gestrigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Antiterrordateigesetz erklärt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar:

Diese Entscheidung hat weit reichende Folgen. Sie betreffen nicht nur das Antiterrordateigesetz, sondern auch zahlreiche weitere Sicherheitsgesetze und die zukünftige Arbeit der Sicherheitsbehörden. Zentrale Regelungen des Gesetzes sind verfassungswidrig.
Der Gesetzgeber, so der Bundesdatenschutzbeauftragte, muss auch bei der Bekämpfung des Terrorismus die Vorgaben der Verfassung beachten, insbesondere die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gibt ein verfassungsrechtliches Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei vor. Dies hat das Bundesverfassungsgericht nun ausdrücklich klargestellt. Daher ist ein Informationsaustausch zwischen diesen Behörden nur ausnahmsweise und mit besonderer Rechtfertigung zulässig. Ich sehe mich daher in meiner Forderung bestätigt, dass der Gesetzgeber die Übermittlungsvorschriften der Sicherheitsgesetze insgesamt genau prüfen sollte, betonte der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar.
Der Gesetzgeber hätte nach Aussage des Gerichts den Kreis der erfassten Personen besser eingrenzen müssen. Die entsprechende Regelung ist weder mit dem Bestimmtheitsgrundsatz noch mit dem Übermaßverbot vereinbar. Es darf nicht sein, dass unbescholtene Bürger durch nicht hinreichend bestimmte oder unangemessen weit gefasste Gesetze heimlich und ohne ihr Verschulden in den Fokus der Sicherheitsbehörden geraten, etwa als vermeintliche Kontakt- oder Begleitpersonen von vermutlichen Terroristen oder deren Unterstützern. Auch der Kreis der Behörden, die auf die Daten zugreifen dürfen, ist deutlich zu begrenzen. Darauf hatte ich auch in meiner Stellungnahme vor dem Bundesverfassungsgericht hingewiesen. Ich freue mich, dass das Gericht dieser Auffassung gefolgt ist, so Peter Schaar.
Das Bundesverfassungsgericht hat erstmals in dieser Deutlichkeit klargestellt, dass eine unabhängige Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten verfassungsrechtlich geboten ist. Es hat auch gefordert, dass die Datenschutzbeauftragten mit entsprechenden wirksamen Befugnissen ausgestattet sein müssen. Die Datenschutzbeauftragten dürfen nicht durch unklare Regelungen und unvollständige Prüfkompetenzen behindert werden.
Die Speicherung in der Antiterrordatei hat für die Betroffenen nicht nur eine stigmatisierende Wirkung, sondern auch potentiell weit reichende Folgen. Mit der Speicherung stehen die Daten rund sechzig Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder zur Terrorabwehr zur Verfügung. Die Konsequenzen sind für die Betroffenen in keiner Weise vorhersehbar, insbesondere wenn ungesicherte nachrichtendienstliche Erkenntnisse auch Polizeibehörden zur Verfügung stehen, die diese nicht hätten erheben dürfen.
 
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Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
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